Burnout – was ist das eigentlich genau?
Ausgebrannt – geistig und körperlich erschöpft: Burnout gilt als Massenleiden der modernen Arbeitswelt. Obwohl bereits in den 1970ern erstmalig beschrieben, wurde das Phänomen erst ab den 1990ern einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Seitdem tauchen Diskussionen darüber regelmässig in den Medien auf, obwohl es sich nicht um eine international akzeptierte Diagnose handelt. Kritiker erheben den Vorwurf, mit der Bezeichnung ein Modewort geschaffen zu haben, das ernst zu nehmende psychische Erkrankungen verharmlost.
Keine offizielle DIAGNOSE
Im DSM (Leitlinien für die Diagnostik psychischer Erkrankungen) ist Burnout nicht als eigenständige Erkrankung erfasst. Ebenso wird innerhalb des ICD-10 (International Classification of Disorders) der World Health Organisation (WHO) Burnout nicht als Diagnose im engeren Sinne aufgeführt, sondern eher als eine sogenannte Zusatzdiagnose (Z73.0).
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass Diagnosen historisch entstandene Konsensentscheidungen sind. Es handelt sich um Konstrukte, die von einem internationalen Expertengremium erstellt, erörtert und verabschiedet werden. Das ICD-10 zum Beispiel umfasst pragmatische Diagnosen der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die darin aufgeführten Kriterien gehen auf sehr viele verschiedene Studien, Untersuchungen und Analysen zurück. Wenngleich die Studien und Untersuchungsergebnisse rund um das Thema Burnout kontinuierlich wachsen und sich unser Wissen darüber vergrössert, bleibt abzuwarten, ob und wann Burnout als eigenständige Diagnose in das ICD-10 aufgenommen wird.
NUR EIN MODEWORT?
Auch wenn die Medien immer wieder über die Folgen von permanentem arbeitsbedingten Stress im Allgemeinen und von Burnout im Speziellen berichten, herrscht in der Fachwelt Uneinigkeit, ob es Burnout als solchen überhaupt gibt. Prominente Kritiker wie die Psychiater Ulrich Hegerl oder Manfred Lütz, aber auch die Deutsche Krebshilfe äussern Kritik und bezeichnen Burnout als Modewort.
So führt Hegerl an, dass es zum einen populär geworden sei, vom Ausgebranntsein zu sprechen, und dass zum anderen viele Stressfolgeerkrankungen als Burnout bezeichnet werden, aber alle Kriterien einer Depression vorliegen. Auf der einen Seite sprechen manche also viel zu schnell davon, ausgebrannt zu sein, dabei fühlen wir uns alle gelegentlich erschöpft und sehnen uns nach Ruhe. Auf der anderen Seite wird die sehr ernstzunehmende psychische Erkrankung Depression mit dem weniger stigmatisierten Begriff Burnout verharmlost.
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