Wie man die Gedanken über sich auf positiv umstellt
Eine offenere und nicht wertende Haltung sich selbst und anderen gegenüber kann zu mehr Verbindungen und positiven Erfahrungen führen.
Wie würden Sie sich selbst und Ihre persönlichen Eigenschaften anderen Menschen gegenüber beschreiben? Was fällt Ihnen ein, wenn Sie an Ihre stärksten Eigenschaften denken? Neigen Sie eher zu Eigenlob oder zum Sich-Kleinreden? Wie fühlt sich ein Lob oder Kompliment an?
Welche Eigenschaften wir gegenüber anderen hervorheben, hängt vom jeweiligen Kontext ab – zum Beispiel, ob wir uns in einem Vorstellungsgespräch oder in einer lockeren Unterhaltung mit Freunden befinden. Dabei sind die Eigenschaften, die wir nennen, weniger wichtig als die Art und Weise, wie wir davon sprechen und sie beurteilen. Mit anderen Worten: Je nachdem, ob wir eine Eigenschaft als gut oder als schlecht bezeichnen, hat Auswirkungen auf unsere Wahrnehmung, unsere Gefühlswelt und auf die Entscheidungen, die wir im Leben treffen.
Es ist normal, dass wir die Dinge in unserem Leben mit einem Etikett versehen und in Kategorien einteilen. Unser Gehirn nimmt gerne gedankliche Abkürzungen, um sich schnell(er) zurecht zu finden. Es gibt Situationen, in denen es nützlich ist, wenn wir eine einfache und schnelle Bewertung vornehmen.
Schwarz-Weiss statt bunt
Hat man die Tendenz allzu schnell in «gut» oder «schlecht» aufzuteilen, ohne genauer zu differenzieren, läuft man jedoch Gefahr ein gewisses Schwarz-Weiss-Denken zu chronifizieren. Das Leben ist meistens komplexer und verlangt nach einer genaueren Beurteilung. Statt in die Tiefe zu gehen und zu überlegen, was genau warum gut oder schlecht ist, führt ein eher restriktives Denkmuster zu kognitiven Verzerrungen, die man auch als „Alles-oder-Nichts-Denken“ bezeichnet.
Dieses Schwarz-Weiss-Denken kann auch dazu führen, dass wir uns selbst unnötigerweise verurteilen oder eine Situation viel schlechter beurteilen als sie ist. Wenn wir uns ständig bei Gedanken, wie „Warum bin ich so…?“ oder „Ich wünschte, ich wäre mehr…“, ertappen, sollten wir wachsam werden. Denn ohne es zu wollen, führen diese negativen Beurteilungen und Vergleiche dazu, dass wir weniger glücklich, zufrieden oder zuversichtlich sind.
Desweiteren ist es möglich, dass wir dieses Schwarz-Weiss-Muster auch auf andere Menschen anwenden. Das kann eine Reihe von Problemen mit sich bringen, wie zum Beispiel vermehrte Konflikte, eingeschränkte soziale Beziehungen und stereotypes Verhalten. Wie sind wir dazu gekommen, so zu denken?
Warum wir bestimmte Eigenschaften als gut oder schlecht einstufen
Es gibt mehrere Gründe, warum wir Persönlichkeitsmerkmale als gut und schlecht beurteilen. Erstens werden bestimmte Eigenschaften von der Gesellschaft gelobt und geschätzt. Wir werden von aussen darin bestärkt, dass es bestimmte gute Eigenschaften gibt. Zum Beispiel werden wir gelobt, wenn wir auf der Arbeit oder in der Schule «fleissig» sind. Ausserdem gibt es Eigenschaften, die kategorisch als «schlecht» eingestuft werden: «Ich bin zu unorganisiert. Ich habe zu viele Ideen, ziehe sie aber nicht durch». Ein solches Denken kann zum Beispiel entstehen, wenn man als kreativer Mensch oder neurodivergente Person immer wieder dafür kritisiert wird, dass man nicht detailorientiert oder diszipliniert sei. Mit der Zeit fängt man dann an Kreativität als schlechte Eigenschaft zu betrachten oder gar als eine Schwäche, die behoben oder versteckt werden muss.
Zweitens übernehmen wir – ob bewusst oder unbewusst – auch Definitionen anderer. In einem Unternehmen, in dem grosse Ideen und offenes Denken geschätzt werden, wird Kreativität als Stärke ansehen. Hingegen wird eine Firma, in der detailorientiertes, rationales und konkretes Denken im Vordergrund steht, Kreativität als weniger gut empfunden. Ebenso verinnerlichen wir auch Aussagen von den Menschen in unserer unmittelbaren Umgebung. So nehmen wir zum Beispiel bestärkende oder kritische Äusserungen von Erziehenden und Familienmitgliedern darüber auf, wie wir uns verhalten und bestimmte Fähigkeiten ausführen. Soziale Medien lehren uns, welche Eigenschaften gefeiert oder missbilligt werden. Alle diese sozialen und kulturellen Faktoren beeinflussen, wie wir unsereTalente und Eigenschaften beurteilen.
Wie kommt man zu mehr Offenheit und (Selbst)Akzeptanz?
Sehr hilfreich ist es, wenn man den situativen Kontext berücksichtigt, in dem man sich gerade befindet. Wie stark sollte man sich bzw. sein Talent einbringen? Was ist im Kontext hilfreich und angemessen? Auch ein Zuviel an einer „guten“ Eigenschaft kann kontraproduktiv wirken. Unnötige negative Gefühle und Leiden können verhindert werden, wenn wir uns darauf fokussieren, die für uns richtige Umgebung zu finden. An Land watschelt ein Pinguin tollpatschig und unbeholfen. Im Wasser kann er Geschwindigkeiten von bis zu 36 km pro Stunde erreichen. Wenn wir in unserem Element sind, können wir nicht nur gut sein, wir können regelrecht aufblühen!
Wenn wir beginnen uns selbst gegenüber eine nicht oder zumindest weniger wertende Haltung einzunehmen, werden wir auch anderen gegenüber weniger wertend sein. Dies verringert Konflikte mit anderen und bietet die Möglichkeit, mehr und tiefere Beziehungen aufzubauen. Wie das Sprichwort sagt: „Was Du nicht willst, was man Dir tut, das füge auch keinem anderen zu „, werden wir, wenn wir beginnen, uns selbst mit mehr Mitgefühl und Akzeptanz zu behandeln, auch andere besser akzeptieren und mitfühlender behandeln.
Inneren Freiraum öffnen
Verabschieden wir uns von (selbst)einschränkende Sichtweise, schaffen wir Freiraum, um Neues auszuprobieren. Wenn wir zum Beispiel aufhören zu denken, dass wir für etwas zu alt sind, eröffnen wir uns viele neue Möglichkeiten. Sicher, wenn ich mit 60 Jahren anfange Tennisspielen zu lernen, werde ich keine Trophäe in Wimbeldon gewinnen, aber das mindert nicht den Spass. Der britische Skispringer Eddie the Eagle kann uns hierfür ein Vorbild sein.
Wenn wir unsere Stärken und Schwächen mit mehr Wohlwollen betrachten, ermöglichen wir uns mehr Wohlbefinden und Zufriedenheit. Wir alle sind in der Lage, uns selbst gegenüber eine weniger wertende Haltung einzunehmen.¨
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