So konzentriert man sich auf seine Stärken
Sich auf seine Stärken zu konzentrieren macht robuster, schützt vor Frustration und Depression und ist ein Garant für ein zufriedenes Leben. Mit der einfachen Methode „Reflected Best Self” kann man sich mit Leichtigkeit selber stärken.
Sich auf seine Stärken zu konzentrieren klingt einleuchtend. Die Frage ist nur, warum es dann so wenige tun? Hat es etwas mit unserem Schul- und Erziehungssystem zu tun, dass wir uns mehr auf (unsere) Schwächen konzentrieren? Ich bin sicherlich nicht die Einzige, die nur die rot unterstrichenen Wörter gesehen hat, wenn eine Klassenarbeit zurückkam. Dabei war der Grossteil richtig – selbst bei den total verhauenen Klassenarbeiten!
Beschäftigen wir uns mit dem Thema Stärken und Schwächen, dann stellt sich die Frage, wo die Trennlinie zwischen den beiden verläuft. Ab wann ist eine Eigenschaft gut oder schlecht? Bin ich faul oder gesundheitsbewusst, wenn ich Pausen einhalte und wenig Überstunden mache? Reagiere ich gelassen oder gleichgültig, wenn ich mich über etwas nicht aufrege? Bin ich beharrlich oder verbissen, wenn ich an einem Plan festhalte? Kann man nie davon profitieren, zurückhaltend, schüchtern oder ängstlich zu sein? Wie ist das bei Streitereien oder Gefahren? Da ist es doch ganz gut, mal den Mund zu halten.
Jede Eigenschaft hat ihre Vor- und Nachteile. Es kommt auf den Kontext und die Situation an, ob sie eine Schwäche oder Stärke ist. Wenn Sie über Ihre Stärken und Schwächen reflektieren, lohnt sich also ein kritischer Blick. Nicht alles, was gesellschaftlich verpönt ist oder hochgelobt wird, muss für Sie gleichfalls gelten. Lassen Sie sich nicht von einer vermeintlichen „Diktatur der Tugenden“ fremdbestimmen! Ihre Eigenschaften müssen zu Ihnen passen.
Stärken Sie Ihre Stärken!
Haben Sie Ihre Stärken analysiert, dann schliessen Sie einen inneren Frieden mit Ihren vermeintlichen Schwächen. Statt letztere ausmerzen zu wollen, lohnt es sich, das zu stärken, was Sie gut können. Sicher sollte man weniger förderliche Eigenschaften nicht aus den Augen lassen und irgendwann mal angehen, aber es ist wissenschaftlich mehrfach belegt, dass es uns glücklicher und ausgeglichener macht, wenn wir unsere Stärken stärken.
Das Gute dabei ist, dass es Ihnen leicht fallen wird, denn das sind Dinge, die Sie gut können und die Sie gern machen. Schwächen auszubügeln ist viel mühsamer und bedeutet oft auch Verzicht, was uns leicht in alte Muster zurückfallen lässt.
Gutes tun und sich dabei gleichzeitig stärken
In einem Experiment des amerikanischen Psychologen Martin Seligman wurden Probanden gebeten, täglich mittels Fragebogen festzuhalten, wie glücklich oder frustriert sie waren. Es wurden zwei Gruppen gebildet. Die Kontrollgruppe erhielt den Auftrag, über eine Woche hinweg gute Erinnerungen des Tages aufzuschreiben. Die experimentelle Gruppe musste zunächst einen Fragebogen zu ihren Kompetenzen ausfüllen und bekam daraufhin ein Feedback zu ihren fünf grössten Stärken. Ihr Auftrag war, eine Woche lang jeden Tag diese fünf Fähigkeiten immer wieder anders einzusetzen.
Hatte jemand beispielsweise Grosszügigkeit als Top-Eigenschaft, konnte er jemanden besuchen und ihm Zeit schenken oder einen Bedürftigen zu einem Kaffee einladen. Einen Monat nach dieser Woche wurden die Teilnehmer wieder gefragt, wie sie sich fühlten. Die aktive Gruppe war durch die Bank glücklicher und zufriedener als die Kontrollgruppe. Dieses Ergebnis blieb sowohl drei Monate als auch ein halbes Jahr später unverändert. Tatsächlich schnitten diejenigen, die mit dem Experiment weitergemacht hatten, in puncto Wohlbefinden und Zufriedenheit sogar noch besser ab.
Eine andere Studie zum gleichen Thema mit 5000 Teilnehmern ergab, dass Neugier, Hoffnung, Lebensfreude, Dankbarkeit und Liebe am stärksten mit einem zufriedenen Leben verknüpft sind. Sich auf unsere Stärken zu konzentrieren, macht uns also nicht nur robuster und schützt uns vor Frustration und Depression, sondern ist zudem ein Garant für ein zufriedenes Leben.
Worin sind Sie am besten?
Die Methode „Reflected Best Self” (frei übersetzt: mein bestes Selbst) wurde von Arbeits- und Organisationspsychologen der positiven Psychologie entwickelt. Bitten Sie Freunde und Kollegen per E-Mail darum, Ihnen Ihre Stärken zu nennen und Beispiele zu geben, wann sie diese Eigenschaften bei Ihnen eindrucksvoll erlebt haben. Gehen Sie alle Antworten durch, und schauen Sie nach wiederkehrenden Themen und Mustern. Fassen Sie diese Ergebnisse mit Ihren eigenen Gedanken zu einem Stärken-Profil zusammen. Neben dem generellen Erkenntnisgewinn wissen Sie nun, was sich zu stärken lohnt. Überlegen Sie, wie Sie künftig Ihre Fähigkeiten einsetzen wollen. Dafür können Sie vorgehen wie die Teilnehmer von Martin Seligmans Experiment, also jeden Tag Ihre Top-Fähigkeiten unterschiedlich einsetzen und am besten am Abend kurz notieren.
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Stärken stärken. Was für ein wunderbarer Ansatz! Danke für die Inspiration
Liebe Astrid
Vielen Dank. Das freut mich sehr!
Herzliche Grüsse, Silke