Weisheit: Die 5 Prinzipien des gelingenden Lebens
Offenheit, ein kluger Umgang mit den eigenen Gefühlen, Empathie, (Selbst-)Reflexion und das Wissen, dass Kontrolle nur eine Illusion ist, gelten als Schlüsselkompetenzen für die Weisheit. Weise Menschen sind zufrieden, jedoch nicht jeder Zufriedene ist weise. Glück und Wohlbefinden kann man auch (und leichter) durch Verleugnen mancher Wahrheiten erlangen. Dennoch lohnt es sich, den eher steinigen Weg der Weisheit zu gehen, da er Leben garantiert gelingen lässt.
In ihrem Buch Weisheit – die 5 Prinzipien des gelingenden Lebens fasst die Kärntner Psychologin und Weisheitsforscherin Prof. Dr. Judith Glück die Ergebnisse ihrer langjährigen Forschungen zusammen – die noch lange nicht abgeschlossen sind. Als eine zentrale Schlüsselkompetenz zeichnet sich dabei eine offene Haltung gegenüber allen Erfahrungen aus, wie auch Neugier auf andere Menschen und deren Ansichten.
Fünf Schlüsselkompetenzen der Weisheit
Neben der Offenheit werden in Glücks Buch vier weitere Eigenschaften als weisheitsfördernd genannt, wobei die neusten Forschungsergebnisse zeigen, dass die Fähigkeit zu Dankbarkeit ebenfalls zu mehr Weisheit, Wohlbefinden und Zufriedenheit beiträgt.
Offenheit
Darunter wird eine offene Haltung gegenüber Menschen, Erfahrungen und Ansichten verstanden. Statt sich durch Be- und Vorverurteilungen zu begrenzen, besteht ein hohes Interesse an anderen Ansichten und Denkweisen. Das gilt auch dann, wenn das Gegenüber eine andere Meinung hat. Diesen Konflikt können offene Menschen leicht aushalten.
Emotionsregulation: der gute Umgang mit Gefühlen
Weise Menschen haben keine Schwierigkeiten, eigene Empfindungen wahr- oder ernst zu nehmen. Selbst dann nicht, wenn diese widersprüchlich, kompliziert oder unerwünscht sind. Das ermöglicht ihnen einen angemessenen Umgang mit ihren Gefühlen – allen voran mit den negativen. So können sie sich zum Beispiel gut emotional abgrenzen, um nicht von Gefühlen überwältigt zu werden.
Einfühlungsvermögen
Darunter wird die Fähigkeit verstanden, sich in die Lage anderer Menschen zu versetzen, deren Gefühle wahrzunehmen und nachzuvollziehen. Weise Menschen zeichnen sich zudem dadurch aus, anderen Menschen Gutes tun zu wollen – frei von irgendwelchen Absichten wie beispielsweise Dankbarkeit einzufordern oder sich selbst zu bestätigen.
(Selbst-)Kritisches Reflektieren
Weise Menschen haben einen inneren Drang, komplexe Sachverhalte begreifen zu wollen. Dabei ist es ihnen ein Bedürfnis, sich immer wieder selbst zu hinterfragen und die eigenen Sichtweisen, Werte, Empfindungen und Verhaltensweisen zu analysieren. Sie zeigen dabei eine grosse Bereitschaft, ihren eigenen Anteil an Schwierigkeiten und Konflikten verstehen zu wollen, um diese zu verkleinern.
Die Überwindung der Kontrollillusion
Frei nach dem Gelassenheitsgebet „Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden“ wissen und akzeptieren weise Menschen, dass man im Leben über fast nichts eine Kontrolle hat. Sie beschäftigen sich lieber mit dem, was man ändern kann, und versuchen im Hier und Jetzt aktiv zu sein.
Weise Menschen sind zufrieden(er)
Studien beweisen, dass weise Menschen im Einklang mit ihren Bedürfnissen leben und ganz gezielt Natur, Kunst oder Freundschaften als Ressourcen zu mehr Zufriedenheit nutzen. Zudem ermöglicht Weisheit, mit schwierigen Ergebnissen gut umgehen zu können.
Weise Menschen berichten von einem höheren Wohlbefinden. Es wird gestärkt durch ihre hohe Fähigkeit zu Dankbarkeit, die sie sehr viel häufiger und spontaner nennen als weniger weise Menschen. Zudem bewahrt sie ihr innerer Wunsch, unangenehme Gefühle und Erlebnisse nicht zu verdrängen, sondern zu verstehen und in das eigene Selbst zu integrieren, vor Verbitterung.
Seine Weisheit zu mehren ist kein Zuckerschlecken
Es macht das Leben nicht immer leichter, beständig in die Tiefe zu gehen und komplexe Zusammenhänge verstehen zu wollen. Unerwünschte Gefühle wie Hass oder Neid für sich zu akzeptieren und diese genauso wie schlechte Erlebnisse in das Selbst zu integrieren, fordert uns einiges ab.
Weisheit lässt sich nicht aus Büchern lernen und ist keine fixe Grösse. Sie ist situationsabhängig und wird nicht „mit dem grossen Löffel” verteilt. Sie speist sich aus vielen kleinen Häppchen, die auch schon mal bitter schmecken oder sauer aufstossen können.
Der Mut zu mehr Weisheit lohnt sich
Weisheit ergibt sich aus der Summe der Erfahrungen: aus positiven wie aus negativen, und gerade das macht den Reiz aus. Offen, berührbar und aufmerksam für die Höhen und Tiefen des Lebens zu sein gibt unserem Dasein Würze und Lebendigkeit.
Die Beschäftigung mit den Unzulänglichkeiten des Lebens – insbesondere den eigenen – ist zuweilen schmerzhaft, lässt uns aber in unserer Persönlichkeit wachsen und ermöglicht es uns eher, am Ende glücklich zu sein, als Wahrheiten zu verdrängen und zu leugnen. Allzu gross ist hier die Gefahr, dass man beim Unter-den-Teppich-Kehren verbittert. Davor bewahrt eine weise Lebenshaltung, gleichgültig wie hürdenreich diese manchmal ist. Also, haben Sie Mut, die eine oder andere Hürde zu nehmen und auch mal einen steinigen Umweg zu gehen.
Zum Vertiefen:
Judith Glück: Weisheit – Die 5 Prinzipien des gelingenden Lebens
Kösel Verlag, München 2016
ISBN 3641188830, 9783641188832