10 Tipps, die helfen zu kritisieren ohne zu kränken
So schwierig es ist, Kritik einzustecken, so unangenehm ist es für die meisten, Kritik zu üben. Kaum jemand reisst sich darum, Kritik- oder Krisengespräche freiwillig zu führen. Kritikgespräche zu führen, die in ein für beide Seiten akzeptables Ergebnis münden, ist eine wahre Kunst. Wer ein paar Regeln beachtet, kann Ärger vermeiden.
Andere zu kritisieren ist nicht leicht. Viele Vorgesetzte haben ein mulmiges Gefühl, wenn sie ein Kritikgespräch führen müssen. Selbst dann, wenn ein eindeutiges Fehlverhalten vorliegt und dringend eine Lösung gebraucht wird.
Aber auch innerhalb der Familie oder im Freundeskreis wird selten und ungern Kritik geübt. Zum einen ahnt man die negativen Gefühle, die man beim anderen hervorruft. Zum anderen wurde den wenigsten von uns beigebracht, wie man angemessen Kritik übt.
Darf ich oder darf ich nicht?
Im Privatleben kommt noch die Schwierigkeit hinzu, dass es hier im Gegensatz zu Unternehmen keine eindeutigen Kennzahlen gibt, anhand deren man die Kritik begründen kann. Darf man jemanden kritisieren, weil er einem zu jedem Geburtstag dasselbe lieblose Präsent mitbringt? Immerhin schenkt er/sie etwas, und dass es lieblos ist, ist ja meine subjektive Wahrnehmung.
Und wie ist das bei vergessenen Hochzeitstagen, unaufgeräumten Zimmern, kurzfristig abgesagten Treffen, nie ausgewechselten leeren Klopapierrollen, ständigen Verspätungen ‒ also bei all diesen manchmal kleinen, manchmal grossen Themen in Beziehungen? Soll man etwas sagen? Oder lieber nicht? Und falls man etwas sagt, wie macht man es am besten?
Klarheit schaffen durch eine gute Vorbereitung
Gleichgültig ob im Job, in der Familie, mit dem Partner oder einer Freundin: Ein Kritikgespräch will und kann weder den Menschen ändern, noch soll es als Blitzableiter dienen. Die Ziele eines jeden Kritikgesprächs sind, Klarheit zu schaffen, Lösungen zu finden und zu vereinbaren sowie den Ärger zu dämpfen.
Damit eine Kritik weder verletzt noch im Orbit verschwindet, braucht es einen guten Rahmen. Ein Kritikgespräch vorzubereiten lohnt sich nicht nur im beruflichen Umfeld, sondern auch – oder vor allem? – bei privaten Angelegenheiten. Denn hier sind Wortwahl und Tonfall viel schneller verletzend als im Beruf.
10 Tipps, um ein Feedback-Gespräch vorzubereiten und durchzuführen
- Der richtige Zeitpunkt: Finden Sie einen geeigneten Zeitpunkt. Kritikgespräche am frühen Morgen sind genauso unproduktiv wie in der Nacht oder am Abendbrottisch. Gleiches gilt für Phasen, in denen alle unter Stress stehen und sowieso schon gereizt sind. Fragen Sie den anderen, wann es ihm/ihr zeitlich recht ist, und planen Sie genügend Zeit ein. Kurz nach dem Mittagessen könnte ein guter Zeitpunkt sein.
- Gesprächsziel definieren: Definieren Sie das Gesprächsziel vor dem Zusammentreffen. Klären Sie für sich, was ein optimales Ziel wäre und was mögliche Alternativen, mit denen Sie leben können.
- Gute Atmosphäre schaffen: Schaffen Sie eine angenehme Gesprächsatmosphäre. Wählen Sie für das Gespräch einen neutralen, ruhigen Ort. Zu Hause bietet sich vielleicht eher das Wohnzimmer an als die Küche, im Büro eher ein Meetingraum als das Chefzimmer. Setzen Sie sich über Eck und nicht gegenüber. Halten Sie Getränke, vielleicht sogar Knabbereien bereit. Vermeiden Sie Unterbrechungen durch Telefonate oder andere Störungen. Ein Park, ein Café oder ein Spaziergang können gute Alternativen sein.
- Positiver Gesprächseinstieg: Wählen Sie einen positiven Gesprächseinstieg. Beginnen Sie mit einigen positiven Punkten, und überfahren Sie den anderen nicht sofort mit der Kritik. Ihr Gegenüber soll sich nicht fühlen wie auf der Anklagebank.
- Allgemeine Rahmenbedingungen klären: Vergewissern Sie sich, dass der Grund des Treffens klar ist. Sprich, dass jetzt das Verhalten der anderen Person zur Debatte steht. Beide sollen auch wissen, dass sie nach der ersten Bestandsaufnahme Missverständnisse klären können und Gelegenheit zur Stellungnahme haben.
- Einen Dialog führen: Treten Sie in den Dialog. Bitten Sie den anderen darum, seine Sicht darzustellen. Lassen Sie der anderen Person ausreichend Redezeit, und hören Sie fair und sachlich zu, frei von Kommentaren und Unterbrechungen.
- Beim Thema bleiben: Überprüfen Sie während des gesamten Gesprächs immer wieder, ob das, was Sie beide gerade besprechen, zielführend ist. Behalten Sie Grund und Thema des Gesprächs im Auge, und schweifen Sie nicht ab.
- Ein Ziel vereinbaren: Einigen Sie sich auf ein klares Ziel. Verhindern Sie eine unverbindliche Absichtserklärung. Überlegen Sie sich, ob Sie einen Follow-up-Termin wahrnehmen wollen ‒ auch und vor allem bei privaten Gesprächen. Das muss zwar nicht wie bei beruflichen Kritikgesprächen schriftlich dokumentiert werden, aber allen sollten das Ziel und die nächsten Schritte klar und bekannt sein.
- Positiv enden: Beenden Sie das Gespräch positiv. Es soll weder Sieger noch Verlierer geben. Ein Problem wurde gelöst. Bedanken Sie sich beim anderen für das Zeitnehmen und Zuhören.
- Gespräch reflektieren: Reflektieren Sie für sich oder mit dem anderen, wie das Gespräch gelaufen ist. Gibt es etwas, was Sie (beide) beim nächsten Mal anders oder besser machen könnten?
Üben, üben, üben!
Kritik zu äussern ist eine echte Königsdisziplin der Kommunikation. Feste Feedback-Regeln helfen, die wichtigen Worte richtig zu transportieren – und auch anzunehmen. Das gilt für das Berufs- wie auch für das Privatleben. Mit ein wenig Übung manövrieren auch Sie sich mit Sicherheit durch viele stürmisch Gespräche!