Von „gar nicht schlecht“ zu „gut“ in vier Schritten
Die Art, wie wir uns ausdrücken, gibt Rückschlüsse auf unser Weltbild und spiegelt unsere Seelenlage wider. Es ist wissenschaftlich belegt, dass die Wahl unserer Worte unsere Wahrnehmung sowie unser Denken und Fühlen bestimmt. Wir selbst können bewusst Einfluss auf unsere Wortwahl und damit auf unsere Stimmung und unser Verhalten nehmen.
Die Wahl unserer Worte sollte mit Bedacht geschehen, denn wie wir denken und handeln, was wir wahrnehmen und woran wir uns erinnern, hängt eng mit unserer tagtäglichen Ausdrucksweise zusammen. Wissenschaftler sind sich nicht darüber einig, ob die Sprache unser Denken oder das Denken die Sprache bestimmt. Wissenschaftlich abgesichert ist jedoch, dass die Wahl unserer Worte auf unser Gehirn wirkt und somit auf unsere Stimmung und unser Verhalten. Es macht einen grossen Unterschied, ob man aus Gewohnheit etwas als „gut“ oder als „gar nicht schlecht“ beurteilt.
Worte können unser Gehirn verändern
Der US-amerikanische Hirnforscher Dr. Andrew Newberg beschäftigt sich unter anderem damit, wie wir durch unsere Form der Kommunikation die neuronale Funktion des Gehirns verbessern können. Er geht davon aus, dass theoretisch jedes einzelne Wort die Kraft hat, physischen und emotionalen Stress zu regulieren. Er glaubt, dass ein kontinuierliches Training unserer Sprachzentren unsere neurologische Fähigkeit stärkt, kreativ und konstruktiv mit Problemen umzugehen.
Analyse der Gewohnheitswortwahl
Die Wortwahl, die wir gewohnheitsmässig nutzen, spiegelt unsere emotionalen Erfahrungen wider und lenkt Wahrnehmung, (Grund-)Stimmung und Verhalten. Es lohnt sich daher, der eigenen Sprache auf den Grund zu gehen. Bemerkt man, dass die typischen Gewohnheitsvokabeln eher negativer Natur sind, und tauscht man diese gegen positive Worte aus, hat man einen ersten Schritt getan, um alte Muster zu durchbrechen.
Unsere Wortwahl beeinflusst unsere Lebensqualität
Insbesondere der Austausch der typischen Wortwahl bei negativen Emotionen eröffnet uns grosse Chancen, andere und emotional bessere Entscheidungen zu treffen. Dabei geht es nicht nur um Situationen, in denen man schnell zu Schimpfwörtern und Verwünschungen greift – gleichgültig, ob tatsächlich gesagt oder nur gedacht. Vielmehr ist es eine Grundsatzfrage, wie man gewohnheitsmässig negative Erlebnisse bezeichnet. War der Stau grauenvoll oder einfach nur nervig? Ist der Schnupfen furchtbar oder lästig? Hat jemand meinem Vorschlag nicht zugestimmt, oder hat er ihn abgeschmettert? Jedes Mal, wenn wir mit negativen Worten auf eine Situation reagieren, trainieren wir unsere Wahrnehmung dazu, Situationen in Zukunft noch stärker als stress- oder angstbelastet zu erleben.
Kognitive Umstrukturierung: der Vier-Schritte-Plan, um die eigene Sprache umzugestalten
Die gute Nachricht: Der Mechanismus funktioniert auch in umgekehrter Richtung. Es ist wissenschaftlich belegt, dass sich Positivität und Optimismus trainieren lassen. Dabei geht es nicht um Schönfärberei von negativen Erlebnissen oder um eine zwanghaft aufgesetzte Positivität. Negatives soll weder verleugnet noch verdrängt werden, jedoch auch nicht durch eine allzu negative Wortwahl in ihrer emotionalen Wirkung verstärkt werden. Es macht in uns einen Unterschied, ob wir stinksauer auf jemanden sind oder enttäuscht über sein Verhalten.
SCHRITT 1: ÜBERPRÜFEN SIE IHRE WORTWAHL
Werden Sie sich Ihrer gewohnheitsmässigen Wortwahl bewusst, zum Beispiel indem Sie Ihre privaten Mails oder Briefe überprüfen: Wie beschreiben Sie unglückliche oder belastende Erlebnisse? Welche Wörter, vor allem Adjektive, verwenden Sie häufig? Haben Sie das Gefühl, dass manche Wörter oder Beschreibungen zu intensiv sind? Einen Zug zu verpassen ist ärgerlich, jedoch nicht grausam – grausam ist Krieg.
SCHRITT 2: IDENTIFIZIEREN SIE DREI NEGATIVE WÖRTER
Identifizieren Sie drei Wörter, die Sie regelmässig verwenden und die Ihre negativen Gefühle verstärken.
SCHRITT 3: FINDEN SIE DREI POSITIVE WÖRTER
Finden Sie alternative Wörter, welche die Intensität dieser negativen Emotionen senken, z.B. im Duden, auf openthesaurus.de, auf synonyme.woxikon.de oder auf gegenteile.net.
SCHRITT 4: ÜBEN, ÜBEN, ÜBEN
Versuchen Sie in den kommenden zwei Wochen, die neuen Wörter gegen die Gewohnheitswörter auszutauschen. Seien Sie nicht enttäuscht oder allzu streng mit sich, falls das nicht immer klappt. Allein wenn Sie sich beim Nutzen Ihrer gewohnten Wortwahl ertappen, haben Sie die nächste Stufe erklommen.
Erinnerungshilfen als weitere Unterstützung
Nutzen Sie Erinnerungshilfen, z.B. Post-Its mit Ihren neuen Wörtern oder Gegenstände, die Sie an die Alternativwörter erinnern. Vielleicht unterstützt Sie jemand aus Ihrer Familie oder dem Freundeskreis, den Sie in Ihren Plan einweihen? Lassen Sie diese Person immer dann nachfragen, was Sie genau meinen, wenn Sie zum alten Vokabular greifen. Wenn Sie sich zum Beispiel über eine langsame Internetverbindung ärgern und sagen: „Ich platze gleich. Das ist doch der allerletzte Sch**ss!“, kann der andere nachfragen, was genau warum nervt. Nun sachlich zu antworten nimmt viel Druck aus der Situation, denn selbst wenn Sie wie ein Kesselflicker fluchen, wird die Verbindung nicht schneller. Machen Sie lieber das Beste daraus, indem Sie Distanz schaffen. So können Sie die negative Situation besser überstehen und schneller wieder aus der negativen Spirale aussteigen und in die positive Richtung gehen.
Probieren Sie es aus!
- Formulieren Sie einen Satz mit einem negativen Wort, das Sie identifiziert haben, wie z.B. „Ich gehe sorgenfrei zur Darmspiegelung“. Wie fühlt sich das an?
- In „sorgenfrei“ ist das Wort Sorge drin. Auch wenn der Verstand versteht, dass Sie ohne Sorge sein wollen, nimmt das Unbewusste das Worte Sorge auf und reagiert mit einer entsprechenden Stressreaktion.
- Tauschen Sie das Wort „sorgenfrei“ gegen eine positive Alternative aus, wie z.B. „Ich gehe zuversichtlich zur Darmspiegelung“ – welche Veränderung nehmen Sie wahr? Weitere Alternativen anstelle von sorgenfrei: zuversichtlich, sicher, mutig, locker, lässig – wie verändert sich Ihr Empfinden und Ihre Wahrnehmung?
Liebe Frau Weinig
Mit Begeisterung habe ich den Artikel über die Wortwahl und deren Einfluss auf unsere Befindlichkeit gelesen! Tatsächlich bin ich durch lange Überlegungen und nach dem Lesen einschlägiger Literatur, verbunden mit vorhergehenden persönlichen Erlebnissen zu demselben Schluss gekommen und praktiziere es schon lange!
Herzliche Grüsse, Peter Saalmann
Lieber Herr Saalmann
Vielen lieben Dank für Ihre Nachricht.
Ich freue mich sehr, dass Ihnen der Blog gefällt. Ich selbst hatte beim Schreiben einige Aha!-Erlebnisse. Die hatte ich bereits beim Schreiben von dem Artikel „Was Worte über uns verraten„. Ich überlege im Moment mal darüber zu schreiben, woher manche Redewendungen kommen und was deren psychologischer Hintergrund ist.
Herzliche Grüsse und einen guten Start in die neue Woche
Silke Weinig
Liebe Silke
Danke für den wertvollen Beitrag. Kleine Veränderung – grosse Wirkung! Ich arbeite im Coaching immer mit der Bedeutung der Wortwahl meiner Klienten und kann daraus viele Schlüsse für die Arbeit ziehen.
Liebe Grüsse
Barbara Jordi
Liebe Barbara
Danke für Deine Nachricht. Ich freue mich, dass Dir der Beitrag gefällt. Ich bin mir sicher, dass die Arbeit mit der Wortwahl immer wieder ein grosser Erkenntnisgewinn ist, der Veränderungen antreibt.
Herzliche Grüsse, Silke