Wie viel Zufall steckt in unserem Glück?
Glückspilze und Pechvögel – gibt es sie wirklich? Was unterscheidet diejenigen, an deren Fersen scheinbar das Pech klebt, von denjenigen, denen glückliche Zufälle immer wieder günstig in die Karten spielen? Scheinbar gibt es eine Formel, wie man dem Glück auf die Sprünge helfen. Die sogar das Auftreten von glücklichen Fügungen begünstigen kann!
1981 blieb bei einem Turnier in Fulford der Ball des Golf-Profis Bernhard Langer auf der Astgabel einer Esche liegen. Statt aufzugeben, kletterte Langer auf den Baum und spielte den Ball erfolgreich weiter. Auf die Bemerkung eines Reporters, da habe er enormes Glück gehabt, erwiderte Langer: „Wissen Sie, je mehr ich übe, umso mehr Glück habe ich!“ Sicherlich kennen viele ebenfalls diese Art des Glücks, das wir uns erarbeiten oder verdienen. Eine andere Variante des Glücks ist der glückliche Zufall, der uns unerwartet, möglicherweise unverdient, aber immer freudig überrascht.
Unsere Gedanken führen zu Glück oder Pech
Massgebend für unser Erleben von Glück sind unsere Ansichten darüber. Unsere Haltung gegenüber Glück und Pech ist prägend für unser Denken und Handeln. In Form von sich selbst erfüllenden Prophezeiungen bewirken unsere Einstellungen direkte oder indirekte Mechanismen, die zu einer entsprechenden Erfüllung führen. Die Art und Weise, wie wir Glück wahrnehmen und in uns emotional verankern, hat auch Einfluss darauf, wie wir auf Zufälle reagieren. Das wiederum kann die Zahl der Chancen erhöhen, denen wir tagtäglich begegnen. Nehmen wir die Möglichkeiten überhaupt wahr? Sind wir eher verängstigt oder vielleicht sogar verärgert, weil uns ein Zufall einen Strich durch die bereits perfekt kalkulierte Rechnung macht? Oder reagieren wir offen und flexibel auf neue Möglichkeiten und interessante Alternativen?
Engagement und Gelegenheiten gehen oft Hand in Hand
Dass Flexibilität im Denken und Handeln die Zahl der Zufälle erhöht und damit die der möglichen Chancen, die das Leben bietet, ergab eine Studie der US-amerikanischen Psychologin Elisabeth Williams. Sie untersuchte die Laufbahnen von Frauen in Kaderpositionen. Dabei stellte sie fest, dass Risikofreude, Selbstvertrauen und Offenheit wichtige Garanten für eine erfolgreiche Karriere sind. Diese Eigenschaften tragen einen wesentlichen Teil dazu bei, dass scheinbar plötzlich auftauchende Chancen überhaupt wahrgenommen und dann auch genutzt werden. Beispielsweise verfügten die erfolgreichen Frauen über ein grosses soziales Netzwerk, das automatisch die Zahl hilfreicher Zufälle erhöht. So erfuhren sie oftmals „zufällig“ von frei werdenden Arbeitsstellen in meist scheinbar unerwarteten Situationen.
Kann man ins Glück stolpern?
Seit langem beschäftigt sich der britische Psychologe Richard Wiseman mit der Frage, wie sich die persönliche Haltung gegenüber zufälligen Fügungen auf das Wahrnehmen von Möglichkeiten und Chancen auswirkt. Die Ergebnisse seiner Studien zeigen, dass unsere Einstellung uns zu Glückspilzen oder zu Pechvögeln macht. Wie begegnen wir glücklichen und unglücklichen Zufällen?
In einem seiner Experimente legte Wiseman seinen Versuchsteilnehmern sprichwörtlich zwei Zufälle in den Weg. Zum einen mit einem Geldschein, der auf ihrem Weg zum Forschungslabor lag. Zum anderen mit einem potenziellen Arbeitgeber, der in der Cafeteria „zufällig“ das Gespräch mit ihnen suchte. Die Glückspilze fanden das Geld sofort und gingen offen und mit Neugier auf das Gespräch im Café ein. Die Pechvögel hingegen übersahen fast alle den Geldschein und nutzten zudem die Gesprächssituation nicht.
Unsicherheiten erweitern unseren Blick
Ein weiteres Ergebnis aus Wisemans Forschung ist, dass Glückspilze besser mit Widersprüchen und Unsicherheiten leben können. Insbesondere bei anspruchsvollen Zielen ist es hilfreich zu verinnerlichen, dass es viele Wege zu ihrer Erreichung gibt. Wer verbissen auf eine einzige Lösungsstrategie fixiert ist, reagiert eher blockiert und gefrustet, wenn Zufälle die Pläne durchkreuzen. Offenheit und Flexibilität helfen, Umwege als mögliche Chancen zu erleben und Alternativen auszuloten, die zuvor nicht im Blickfeld waren.
Achtsamkeit als Strategie zum Aufspüren von günstigen Zufällen
Eine erfolgversprechende Strategie, um einen guten Riecher für günstige Zufälle zu bekommen, besteht darin, seiner Umwelt mit Achtsamkeit zu begegnen. Eine absichtslose Wachsamkeit für das Geschehen um uns herum öffnet buchstäblich Augen und Ohren, um überhaupt Gelegenheiten wahrnehmen zu können. Kommen dann noch Neugier und eine Portion Mut hinzu, kann jeder zum Glückspilz avancieren. Dabei kommt es nicht darauf an, den grossen Coup aufzuspüren und zu realisieren. Es sind vielmehr die kleinen Schritte, die uns darin trainieren, Chancen zu erkennen und zu nutzen. Wie wäre es, mal in einem anderen Supermarkt einzukaufen? In ein anderes Restaurant zu gehen? Odereine andere Route zur Arbeit zu nehmen? Vielleicht passiert gar nichts, vielleicht ergeben sich aber auch interessante „Zufälle“.
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… einmal mehr ein wunderbarer Artikel. Danke. Die Aussage „Unsicherheiten erweitern unseren Blick“ möchte ich fragend vertiefen. Unsicherheit kann u.a. Angst oder Neugierde auslösen. Im ersten Fall wird sie als Problem wahrgenommen, im zweiten als Chance. In beiden Fällen spielt die Orientierung eine wichtige Rolle, mir scheint. Der Engagierte, der Trainierte kennt auch den Tellerrand und ist nicht sonderlich überrascht, der eher passive Mensch wird von der Gelegenheit eher überrascht und geht im Affekt in die Abwehrhaltung mit den bekannten Folgen von Fight, Freeze or Flight. Stellt sich die Frage, wie wir Menschen, die eher passiv sind, Orientierung geben können, damit sie die negative Problemerfahrung nicht so oft erleiden müssen? Die SokratesKarten sind eine Möglichkeit. Zum Schluss möchte ich aber deutlich darauf hinweisen, dass die Fähigkeit der Problemerfahrung eine grossartige Ressource des Menschen ist, sie hilft uns tatsächlich Gefahren vorauszuahnen und die Abwendung der Gefahr zu planen und durchzuführen.
Lieber Thomas, vielen Dank für Deinen Beitrag und die Gedanken, die Du mit uns teilst. Ich freue mich, dass Dir der Artikel gefällt. Du hast Recht: die SokratesKarten bieten einen sehr wertvollen Beitrag um Licht uns Dunkle zu führen. In dem man sich kognitiv mit einem Thema, in all seinen Facetten, beschäftigt und diese visualisiert, schafft man sehr viel Klarheit und damit einen Weg zu mehr Erkenntnis. Insbesondere der Punkt „was man nicht weiss“ finde ich bei den SokratesKarten spannend!
Herzliche Grüsse, Silke