Stärken stärken bedeutet biegen statt brechen!
Die Stärkung unserer Selbstmanagement-Fähigkeiten ist immer auch eine Förderung unserer Resilienz. Beide Eigenschaften beeinflussen sich positiv gegenseitig und verstärken einander im Wechselspiel.
Zunehmende Komplexität, mehr Arbeitsdichte, schnellere Taktung − die Belastungen unseres Alltags finden nicht nur im Berufsleben statt, sondern haben längst auch Einzug in unser Privatleben gehalten. Jeder Mensch durchlebt gute und schlechte Zeiten. Doch warum gehen manche gestärkt aus einer Krise hervor, während andere daran zerbrechen? Antworten darauf bieten Ergebnisse der Resilienzforschung. Unter Resilienz versteht man die Fähigkeit, Krisen durch Rückgriff auf persönliche und sozial vermittelte Ressourcen zu meistern und als Anlass für Entwicklungen zu nutzen.
Ursprünglich wurde der Begriff in der Physik verwendet. Er bezeichnet elastische Körper, die unter äusserem Druck nicht zerbrechen und nach einer Deformierung wieder ihre alte Form annehmen. Neben der Psychologie und der Physik kennen auch andere Disziplinen den Begriff Resilienz − zum Beispiel Ingenieurswissenschaften, Ökonomie oder Sozialwissenschaften. Trotz teilweise unterschiedlicher Auslegungen ist die Grunddefinition bei allen gleich: Sie beschreibt die Toleranz eines Systems gegenüber Störungen.
Psychisch gesund bleiben in der Arbeitswelt
Das Thema Gesundheit und damit auch Resilienz gewinnt im Arbeitsleben immer mehr an Bedeutung und ist in vielen grossen Unternehmen ein Trendthema. Nachweislich führt eine Stärkung der firmeninternen Resilienz zu geringeren Krankenständen und reduziert die Fluktuation. Unternehmensziele können leichter erreicht werden bei gleichzeitig höherer Arbeitszufriedenheit. Dies gilt auch dann, wenn Unternehmen erhebliche Veränderungsprozesse durchleben.
Resiliente Mitarbeitende reagieren offener und flexibler, da sie über ein grösseres Repertoire an Verhaltensweisen verfügen, um auf Druck und Stress zu reagieren. Mitarbeitende, die im Unternehmen gesundheitlich gefördert werden, sind stärker motiviert und zeichnen sich durch mehr Verbundenheit mit ihrer Firma aus. Insbesondere im Hinblick auf den bereits heute bestehenden Fach- und Führungskräftemangel kann das zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor in der Zukunft werden.
Jeder kann seine psychische Widerstandsfähigkeit stärken
Über resilientes Wissen verfügt jeder Mensch, allerdings nutzen wir es meist nur unbewusst. Studien belegen, dass jeder Mensch zu jedem Zeitpunkt seines Lebens resiliente Fähigkeiten aufbauen und trainieren kann, ganz unabhängig von seiner genetischen Veranlagung. Wir können dieses Wissen aber auch verlernen. Aus der Gehirnforschung ist bekannt: Das menschliche Gehirn kann seine Struktur verändern, und zwar bis ins hohe Alter. Man nennt diese Tatsache neuronale Plastizität. Dabei gilt: Use it or loose it. Die Stärkung der persönlichen Resilienz darf daher als ein lebenslanger Prozess verstanden werden, der auf Lebenseinstellungen und Verhaltensweisen basiert. Er umschreibt eine Reihe von Strategien und ist nicht die eine Methode.
Wissen, was man will, steht am Anfang jeder Strategie
Wenn es darum geht, Krisen zu meistern, ist das Wissen um die eigenen Bedürfnisse, Stärken und Schwächen sowie der typischen Verhaltensroutinen − vor allem unter Druck und Stress − entscheidend. Ein Verständnis unserer Persönlichkeit eröffnet uns einen grösseren Entscheidungsspielraum, wie wir uns in einer Krise verhalten wollen. Ohne dieses Wissen verfallen wir schnell in alte Muster oder hinderliche Stress-Automatismen, selbst wenn die Absichten noch so gut oder vernünftig sind.
Wie oft regt man sich im Arbeitsalltag mächtig auf, obwohl man sich am Morgen noch gesagt hat: „Ich bin die Ruhe selbst“? Der Grund hierfür ist, dass unser Geist sehr störungsanfällig ist. Bei Überforderung funktioniert er nicht mehr. Ist er unterfordert, haben wir das gleiche Problem.
Im Alltag, insbesondere bei Hektik und Druck, greifen wir daher gerne auf gelernte Muster zurück, die nicht auf Basis des Verstandes funktionieren und manchmal eher nachteilig sind. Ein gutes Selbstmanagement hilft, sich von solchen eher schädlichen Automatismen zu trennen und neue, förderliche Routinen aufzubauen und zu trainieren.
Veränderung ist möglich – in jedem Alter
Basis für das Erlernen neuer Verhaltensweisen ist das Wissen, wer man ist, was man will und was man braucht, um selbst gesetzte Ziele zu erreichen. Das Wissen um unsere Bedürfnisse und Motive wie auch um die Aspekte unserer Persönlichkeit eröffnet uns den Freiraum, mit den unterschiedlichsten Situationen umzugehen.
Obgleich die Resilienzforschung noch jung ist und ihr theoretisches Fundament teilweise variiert, ist allen Überlegungen gemeinsam, dass der zentrale Faktor von Resilienz die Fähigkeit zur Selbstregulation ist. Selbstregulation ist ein anderer Begriff für Selbstmanagement und wird in der Psychologie synonym verwendet. Wichtige Teilbereiche des Selbstmanagements sind Selbsterkenntnis und Selbstkontakt.
Wissen, was man will, ist ein wichtiger Bestandteil unserer (Widerstands-)Kraft
Selbstreflexion ermöglicht, das eigene Verhalten in herausfordernden Situationen vorhersehen zu können, und ermöglicht dadurch ein besseres Manövrieren durch stürmische Zeiten. Der Selbstkontakt schafft ein Bewusstsein für unser Bedürfnisse, Gefühle und Ressourcen, nach denen wir unseren inneren Kompass ausrichten können. Nur wer weiss, wohin die Reise geht, kann sein Schiff steuern.
Selbstmanagement geht Hand in Hand mit Selbstverantwortung und Selbstverwirklichung
Ein gekonntes Selbstmanagement ist daher die Basis zur Förderung und Stärkung unserer Resilienz. Es unterstützt uns darin, eine zukunftsorientierte, optimistische Geisteshaltung zu erreichen, die uns ermöglicht, gestärkt aus einer Krise herauszutreten. Selbstmanagement hat also nichts mit Zeitmanagement oder Prozessoptimierung zu tun, auch wenn diese Begriffe oftmals in einem Atemzug genannt werden.
Selbstmanagement ist viel tiefgreifender, da es mit Selbstverantwortung und Selbstverwirklichung einhergeht. Ein solcher Zustand der Selbstbestimmung und Eigenverantwortung stärkt unsere persönliche Widerstandskraft. Erleben wir uns in Krisenzeiten wiederum als resistent und handlungswirksam, fördert das unsere Selbstmanagement-Fähigkeiten. Somit bedingen sich diese beiden Eigenschaften gegenseitig und verstärken sich positiv im Wechselspiel.
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