Was genau ist Resilienz? Worum geht es da eigentlich?
Unter Resilienz verstehen Psychologen die Widerstandsfähigkeit in Krisensituationen und die Fähigkeit, sich trotz erschwerter Bedingungen weiterzuentwickeln. Das Thema gewinnt im Arbeitsleben immer mehr an Bedeutung und ist in vielen grossen Unternehmen ein Trendthema. Worum geht es da eigentlich?
Das Wort Resilienz kommt aus dem Lateinischen; resilire bedeutet „zurückspringen“ oder „abprallen“. Ursprünglich wurde der Begriff in der Physik verwendet und bezieht sich auf elastische Körper, die unter äusserem Druck nicht zerbrechen und nach einer Deformierung wieder ihre alte Form annehmen. Neben der Psychologie und der Physik kennen auch andere Fachbereiche den Begriff „Resilienz“ − ob Ingenieurswissenschaften, Ökonomie oder Sozialwissenschaften. Trotz teilweise unterschiedlicher Auslegung ist die Grunddefinition bei allen gleich: die Fähigkeit eines Systems, auf Krisen und Störungen zu reagieren und sich dabei selbst zu erneuern, ohne sich grundlegend zu verändern.
Wieso sind manche bei gleicher Belastung weniger gestresst als andere?
Der Begriff „Resilienz“ wurde in der Psychologie erstmalig in den 1970er-Jahren vom israelisch-amerikanischen Professor der Soziologie und Medizinpsychologen Aron Antonovsky benutzt. Er beschäftigte sich damals intensiv mit der Frage „Was hält den Menschen gesund?“, statt wie seine Kollegen zu erforschen „Warum wird der Mensch krank?“. Auf diese Frage war er in Gesprächen mit Holocaust-Überlebenden gekommen. Manche von ihnen litten noch Jahrzehnte nach dem Ende des Holocausts psychisch und körperlich unter dem Erlebten. Andere Verfolgte erholten sich schnell und waren körperlich und psychisch gesund. Scheinbar gelingt es gewissen Menschen leichter, traumatische Erfahrungen gedanklich einzuordnen und zu verarbeiten. Antonovsky stellte diese Fähigkeit als zentrale Eigenschaft für das heraus, was heute meist mit „Resilienz“, also psychischer Widerstandsfähigkeit, bezeichnet wird. Er selbst benutzt hierfür den Begriff Kohärenzsinn.
Jeder kann seine psychische Widerstandsfähigkeit stärken
Resiliente Qualitäten hat jeder, allerdings nutzen wir sie meist nur unbewusst. Es heisst, dass jeder seine psychische Widerstandsfähigkeit stärken kann. Studien belegen, dass jeder Mensch zu jedem Zeitpunkt seines Lebens resiliente Fähigkeiten aufbauen und trainieren kann, ganz unabhängig von seiner genetischen Veranlagung. Dabei unterstützen vier Säulen die individuelle Resilienzfähigkeit:
- solides soziales Umfeld
- Lösungsorientierung und positive Grundeinstellung
- Fähigkeit, die eigenen Emotionen und Impulse zu kontrollieren
- Religiosität oder der Glaube an eine höhere Macht
Zu den Methoden der Stressbewältigung gehören unter anderem spezielle Resilienztrainings wie das MBSR-Programm (Mind-Based Stress Reduction) nach Jon Kabat-Zinn, bei dem eine achtsame Selbstbeobachtung im Alltag gelernt wird. Ebenso haben Meditation und Konzentrationsübungen aus dem Zen-Buddhismus eine positive Wirkung auf unsere Widerstandskraft. Mit einem Selbstmanagement-Training nach dem Zürcher Ressourcen-Modell (ZRM®) können neue, gesundheitsfördernde Denk- und Verhaltensmuster entwickelt werden, in denen alte Stressautomatismen verlernt und neue, förderliche erlernt werden.
Persönlicher Nutzen
Indem wir unsere Resilienz stärken, lernen wir, unseren Alltag gezielt zu gestalten. Durch die Kenntnis unserer individuellen Energietankstellen und einen verantwortungsvollen Umgang mit unseren Ressourcen haben wir die Möglichkeit, neue Denk- und Verhaltensmuster zu entwickeln. Diese schützen vor Fremdsteuerung und in Stresssituationen. Führt die Verhaltensänderung zu einem positiven Ergebnis, erweitert das die Bewältigungsmöglichkeiten. In späteren schwierigen Zeiten kann auf dieses neue Repertoire zurückgegriffen werden.
Resilienz bietet uns und unserer Gesellschaft die Möglichkeit zu einem Perspektivenwechsel: weg vom klassischen Wachstumsdenken, hin zu einer Neuausrichtung von Werten wie beispielsweise Toleranz gegenüber Fehlern und Verständnis, dass im Scheitern Chancen für Weiterentwicklung und Erneuerung stecken. In diesem Sinne kann man Resilienz als einen Transformationsprozess verstehen, der bestehende Strukturen aufgreift und sie in widerstandsfähige und zukunftsweisende Verhaltensweisen überführt. So gesehen ist Resilienz viel mehr Innovation als nur Reaktion, nämlich die Möglichkeit zur kontinuierlichen Selbsterneuerung, hin zu gesunden Lebens- und Verhaltensweisen.
Liebe Silke
Schöner Artikel. Für mich gehört eine Lebensvision oder Lebensziele noch zu den Resilienzfaktoren wie auch das Bewusstsein seines Potenzials. Mir diesen Werkzeugen im Koffer bin ich gut gewappnet alle Störfälle in Leben.
Herzlich, Tanja
Liebe Tanja
Vielen Dank! Ich freue mich sehr, dass Dir der Artikel gefällt. Ich stimme Dir zu: allein, die Erkenntnis, wer man ist, wie man „tickt“ und was einem wichtig ist, können schon gute Wegweiser sein.
Herzliche Grüsse, Silke