Kann man sich für seinen alten Job neu begeistern?

Kann man sich für seinen alten Job neu begeistern?

Kann man sich für seinen alten Job neu begeistern?

Kann man sich für seinen alten Job neu begeistern?

Wir verbringen sehr viel Zeit auf der Arbeit – mancher von uns mehr als mit seiner Familie. Dennoch zeigen Studien, dass Berufstätige oft wenige bis gar keine zärtlichen Gefühle mehr für ihren Job hegen. Was sind die Gründe für Arbeitsfrust? Was sind die Faktoren für gute und erfüllende Arbeit?

Früher oder später stellt sich wohl jeder Arbeitnehmer folgende drei Fragen:

  1. Was mache ich hier eigentlich?
  2. Will ich das echt bis zur Rente machen?
  3. Was würde mir stattdessen gefallen?
Nur 15 Prozent sind glücklich mit ihrem Job

Die jüngste Studie der Gallup Organization, die Jahr für Jahr per Umfrage den Motivationsstand der Beschäftigten in Deutschland ermittelt, zeigt es schwarz auf weiss: Menschen, die sich für ihre Arbeitsstelle dauerhaft begeistern, muss man mit der Lupe suchen. 25 Prozent der Befragten haben innerlich gekündigt, 60 Prozent machen Dienst nach Vorschrift, und nur 15 Prozent sind zufrieden mit ihrer Arbeit und ihrem Arbeitgeber. Wäre die Arbeit eine Lebensgemeinschaft, so wäre gerade mal jede siebte Ehe glücklich.

Was da nach Midlife-Crisis oder Sinnkrise klingt, hat in vielen Fällen einen ernst zu nehmenden Hintergrund. Nur für die wenigsten ist der Job ein reiner Broterwerb. Die meisten suchen – wenn auch oft unbewusst – nach dem Sinn ihrer Arbeit, wünschen sich Freude und Spass. Wertschätzung für ihre Arbeit und für sie als Person ist ihnen wichtig.

Diese Faktoren gehen über die blosse Idee der Selbstverwirklichung im Job hinaus. Unsere Arbeit ist ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens. Sie bietet Anregung, Stabilität und Identität. Sie ist entscheidend für unsere Gesundheit und unser Selbstbild. Wenn also drei Viertel alle Arbeitnehmer unzufrieden sind, dann ist das alarmierend – für die betroffenen Personen ebenso wie für Arbeitgeber.

Der Zusammenhang zwischen Arbeitszufriedenheit und der eigenen Persönlichkeit

Es gibt Psychologen wie Volker Kitz und Manuel Tusch, die behaupten, dass alle Jobs gleich seien und es daher egal sei, für wen man arbeite. In ihrem Bestseller Das Frustjobkillerbuch schreiben sie, der Weg beruflicher Zufriedenheit liege in uns selbst. Das klingt im ersten Moment schlüssig, greift aber zu kurz. Die Verantwortung für Zufriedenheit und Motivation auf Arbeitnehmer abzuwälzen, wenn beispielsweise deren Arbeitsplatz gefährdet ist, wirkt schon fast zynisch.

Dennoch geht auch der Mainzer Arbeitspsychologe Christian Dormann in seinen Forschungsprojekten der Frage nach, ob die Arbeitszufriedenheit von der Persönlichkeit abhängt. Dormann konnte nachweisen, dass Menschen mit einer negativen Grundhaltung unzufriedener mit ihrer Arbeit sind. Demgegenüber empfinden Menschen, die sich als handlungs- und somit selbstwirksam erleben, ihre Arbeit oft als erfüllend.

Selbstwirksam kann ich in allen Hierarchiestufen sein

Wer nun glaubt, dass er als Arbeitnehmer nur ein Rädchen im Getriebe sei und man sich einzig als Chef handlungswirksam erleben könne, dem sei die folgende Studie von Chak Fu Lam und seinen Kollegen von der Bostoner Suffolk University genannt. Sie untersuchten bei den Angestellten eines Speiselieferanten für Krankenhäuser, inwieweit ein besonderes Engagement die Mitarbeiter energetisiert und zufrieden macht. Die Teilnehmer der Untersuchung, von denen keiner zum Management gehörte, sollten eine Woche lang zu Beginn und zum Ende ihrer täglichen Arbeit ein Tagebuch ausfüllen. Dabei gaben sie an, ob das, was sie gerade taten, für sie sinnvoll war und wie energiegeladen sie sich fühlten. Mitarbeiter, die sich zusätzlich engagierten, indem sie zum Beispiel ohne Anweisung des Vorgesetzten Kollegen halfen, erlebten ihre Arbeit als sinnvoller und sich selbst als tatkräftiger. Sich selbst als wirkungsvoll und sinnstiftend zu erleben ist die Erklärung dafür: Durch das freiwillige Tun erschien die Arbeit bedeutsamer, was wiederum Energie gab.

Die gute Nachricht: Sie können sich Motivation und Begeisterung erhalten

Dormann leitet von seinen Studien konkrete Handlungsanweisungen für mehr Selbstwirksamkeit ab. Er rät, auf Situationen im Arbeitsalltag zu achten, in denen wir Wahlmöglichkeiten haben. Dabei geht es nicht um grosse Entscheidungen wie einen Abteilungswechsel, sondern um die vielen kleinen alltäglichen Entschlüsse, die wir treffen. Welche Aufgabe erledige ich zuerst? Welchen Kunden rufe ich an? Wie gehe ich im nächsten Schritt vor? Bedenken Sie, dass wir täglich bis zu 20.000 Entscheidungen treffen! Selbst kleine Alternativmöglichkeiten können die Selbstwirksamkeit erhöhen – ganz nach dem Motto: Auch Kleinvieh macht Mist. Dieses Erleben von „Ich lenke mit“ und „Ich kann etwas bewirken“ erhöht die Arbeitszufriedenheit.

Arbeitszufriedenheit und Geschäftserfolg hängen zusammen

Wie wichtig die Arbeitszufriedenheit für den Erfolg von Unternehmen ist, zeigen Erfolgsgeschichten innovativer Unternehmen. So schenkt Google seinen Mitarbeitern beispielsweise 20 Prozent der Arbeitszeit für private Projekte. Wieso? Wer nicht die ganze Zeit unter Druck steht, ist produktiver und ausgeglichener als jemand, der von einer stressigen Aufgabe in die nächste stolpert. Eine der am besten gesicherten Erkenntnisse aus der Arbeitsforschung ist, dass zufriedene Mitarbeiter produktiver sind.

Weitere Studien zeigen zudem, dass die Förderung von Menschlichkeit im Job Unternehmen weiter bringt als Geldprämien. In seinen Studien analysierte der US-Psychologe Dennis Organ mehrfach, wie bestimmte Verhaltensweisen zum Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens führten. Zu diesen weichen Faktoren gehört zum Beispiel, dass man Kollegen freiwillig Hilfe anbietet, seine Arbeit auch macht, wenn der Chef nicht hinschaut, oder Eigeninitiative und Engagement entwickeln kann. Wichtiger Dreh- und Angelpunkt ist dabei der Vorgesetzte. Er ist in der Verantwortung, bei seinen Mitarbeitern auf diese Soft Skills zu achten und sie zu fördern, zum Beispiel durch Lob, Anerkennung und Wertschätzung oder indem er Türen öffnet und Möglichkeiten offeriert. Dass hier Nachholbedarf besteht, zeigt das Ergebnis der Information Factory (Managementberatung und Softwarehaus für Führungsprozesse). Demnach hat bereits jeder zweite Arbeitnehmer schon einmal wegen seines Chefs gekündigt.

Was macht eine gute Arbeitsstelle aus?

Seit 2007 geht der Deutsche Gewerkschaftsbund dieser Frage nach und lässt alljährlich mehr als 6000 Beschäftigte aus allen Branchen, Hierarchiestufen und Altersgruppen dazu antworten. Die Ergebnisse von 2015 zeigen, wie wichtig es für Arbeitnehmer ist, Sinn in ihrer Arbeit zu sehen. Das gaben 80 Prozent der Befragten an. Vor dem Einkommen (50 Prozent) werden Betriebskultur (68 Prozent), Entwicklungsmöglichkeiten (65 Prozent) und Gestaltungsmöglichkeiten (63 Prozent) genannt. Von sehr grosser Wichtigkeit sind zudem die Arbeitszeiten (72 Prozent) und die Beschäftigungssicherheit (74 Prozent).

Der Schweizer Medizinsoziologe Johannes Siegrist von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf fasst in drei Punkten zusammen, was für Arbeitnehmer entscheidend ist, damit sie zufrieden mit ihrer Arbeit sind:

  1. anspruchsvolle, aber nicht überfordernde Aufgaben, bei denen mitentschieden werden kann
  2. angemessene Anerkennung für erbrachte Leistungen
  3. vertrauensvolle und faire Zusammenarbeit

Er rät zudem, die eigene Selbstbehauptung zu trainieren, damit man zum Beispiel lernt, berechtigte Forderungen zu stellen.

Indem man seine Werte lebt und die eigene Position argumentativ behauptet, kann man wiederum die eigene Selbstwirksamkeit stärken. Das gilt selbst dann, wenn man auf wenig Gegenliebe stösst – zumindest hat man es versucht und sich nicht verbogen.

LITERATUR
  • Institut DGB-Index Gute Arbeit (2015). DGB-Index Gute Arbeit. Der Report 2015, Berlin
  • de Jonge, J., Dormann, C. (2006). Job demands, job resources and psychological well-being: A longitudinal test of the triple match principle. Journal of Applied Psychology, 91, 1359−1374
  • Kitz, V., Tusch, M. (2008). Das Frustjobkillerbuch. Warum es egal ist, für wen Sie arbeiten. Campus, Frankfurt
  • Metzger, J. (2009): Warum Oscar-Preisträger länger leben. Psychologie heute, 7, S. 6
  • Niklas, C., Dormann, C. (2005). The impact of state affect on job satisfaction. European Journal of Work and Organizational Psychology, 14, 367−388
  • Nink, M. (2014). Engagement Index. Die neuesten Daten und Erkenntnisse aus 13 Jahren Gallup-Studie. Redline Verlag, München
  • Siegrist, J. (2013). Berufliche Gratifikationskrisen und depressive Störungen. Nervenarzt, 1, S. 33–37
  • Wilke, A. (2016). Die 10 häufigsten Fehler, wie Chefs ihre besten Mitarbeiter vergraulen. impulse.de
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